Künstlerische Keimzelle: In Erfurt entsteht Wächterhaus ab Juni
Vision: In der Talstraße will der Verein Wächterhaus Erfurt Wohnungen für Künstler bereitstellen, die sie selbst gestalten können und damit das Viertel beleben würden. Foto: Jens König Was in Leipzig zum Selbstläufer geworden ist, soll nun in Erfurt starten: Wächterhäuser. Der Wächterhausverein stellte gestern den Projektstart für Juni in Aussicht. Dann sollen Künstler und Handwerker die Wohnungen beziehen und aufwerten – als Gegenleistung zahlen sie kaum Miete. Erfurt. Das erste Wächterhaus Erfurts soll in der Talstraße 16 eröffnet werden. Das 4-Etagenhaus steht seit mehr als vier Jahren leer, ist aber in einem Zustand, der es gestattet, dort einzuziehen und es so vor dem Verfall zu bewahren, so Vereinschef Urs Warweg. Voraussetzung Nr.1: Es darf keine Wohnnutzung werden. Gedacht ist das Projekt für Vereine, Künstler, Freischaffende, die hier künftig Ateliers oder Büros nutzen können. Voraussetzung Nr.2: Handwerkliches Geschick. Denn die Wohnungen, sechs an der Zahl von jeweils rund 60 m2 Größe und mit je drei Zimmern ausgestattet, müssen selber auf eigene Kosten und nach eigenen Vorstellungen hergerichtet werden. „Alle haben Kohleöfen und verfügen über Strom, Wasser, Abwasser und Gas. Und ganz wichtig, das Dach ist dicht“, versichert Architekt Michael Hardt, einer der 15 Mitglieder des Wächterhausvereins, der die Wohnungen vergibt.
Das Haus Talstraße 16 ist kommunales Eigentum, von der Kowo verwaltet. Später soll es saniert oder veräußert werden. Daher wird der Vertrag der neuen Mieter im Wächterhaus Nr. 1 auch auf maximal fünf Jahre ausgelegt. Dafür aber extrem günstig: pro Quadratmeter ist lediglich ein Euro pro Monat fällig. 60 Euro plus Nebenkosten für die ganze Wohnung fertig. „Ziel ist eine künstlerische Keimzelle“, lässt Urs Warweg wissen. Er ist überzeugt, dass das funktioniert. Zwei Interessenten, ein Architekt und ein Bildender Künstler, hätten sich bereits gemeldet. Geht es nach Warweg und seinen Vereinskollegen, soll die Talstraße 16 einen Impuls für Nachahmer auslösen.
Denn es gebe noch mehr Häuser in Erfurt, die sich für dieses Vorhaben eignen würden. Auch könnte man das Wächterhausprojekt auf private Häuser, die leer stehen, erweitern. Zwischen 10 und 20 Objekte könnte man in der Stadt durchaus auf diese Art beleben und vor Verfall oder Vandalismus retten, so Warweg. Vorausgesetzt, die Eigentümer spielen mit. Zuvorderst gelte es aber ohnehin erst einmal, Angebot und Nachfrage abzugleichen, um den Bedarf an Wächterhäusern zu ermitteln. Michael Keller / 21.04.10 / TA